Anhang B. Resumè работы на немецком языке

Untersuchungen ueber die Erkenntnisfähigkeiten de Schimpansen von Nadie Kohts

Aus dem Zoopsychologischen Laboratorium, des Museum Darwinianum in Moskau. (Ausgeführt in den Jahren 1914—1916.)

Beginnt aber die Zeit des Handelns, so erweist es sich, dass die mit Fleiss und Stolz herausgegrübeltsn Systeme gar-nichts taugen und nichts übrig bleibt, als bloss auf etwas in uns selbst Befindliches uns zu verlassen, — auf eine angeborene gewisse Fähigkeit des Handelns und Erkennens, eine Fähigkeit, von deren Existenz in uns wir nichtmal ahnten, solange eine plötzliche und dringende Notwendigkeit sie nicht ins Leben rief...

aus Helen Keller: Geschichte einer Seele.

Die hier als Motto angeführten Worte dürften wohl geeignet sein, das innere Geheimnis einer fruchtbaren Anwendung so mancher wissenschaftlichen Methode, speziell auch der im vorliegenden Werke neu erprobten, zu enträtseln. War es doch die völlige Entsagung von einem theoretisch a priori ausgeklügelten Erforschungsplane, vielmehr ein im Gange der Arbeit vorsichtiges Tasten und Suchen nach entsprechender Methode, welche mir den Weg eröffnete zur fruchtbaren Erforschung der Erkenntnisfähigkeiten des Schimpansen.

Die mir anfangs gestellte Aufgabe war sehr bescheiden und der zu ihrer Lösung angewandte Forschungsmodus äusserst einfach. Es handelte sich bloss darum, die Fähigkeit des Schimpansen in bezug auf das Unterscheiden zweier achromatischer Farben zu erproben: den Unterschied von Weiss und Schwarz.

Das Tier wurde genötigt die Wahl eines entsprechend gefärbten Objekts auf diesbezügliche Benennung zu vollziehen. Beabsichtigt wurde eine Feststellung von akustisch-visueller und motorischer Assoziation (Wahrnehmungskomplex), das Bilden eines bedingten Reflexes — einer visuell-motorischen Kückäusserung auf vokalen Reiz.

Zuförderst galt es jedoch gewisse Schwierigkeiten zu beseitigen, und zwar derart, wie sie bei der konkreten Durchführung des Versuchs am mindesten vorauszusehen waren, sofern sie in der Eigenart des emotionellen Wesens und dem Temperament des Versuchstieres begründet waren: seinem lebhaften Benehmen, seiner Beweglichkeit, Leutseiligkeit und Ausgelassenheit, Zerstreutheit, Unbeständigkeit und seinem Mutwillen.

Das Tier, ein männlicher, etwa 5—6-jähriger Schimpanse (Abbildung C.1, „Verfasserin mit dem Versuchstier, dem Schimpansen JoniAbbildung C.2, „Der Schimpanse in ruhigem Verhalten.“), vor dem Beginn der Experimentierungszeit gewohnt an vollkommene Freiheit, speziell jeden Verkehr mit Menschen bloss in Form des Spieles zu entfalten, — protestiert in ausserordentlich demonstrativer Weise bei dem ersten Versuche, es zu zwingen, still an Ort und Stelle zu verbleiben. Nicht gewilligt ruhig auf dem Experimentiertische zu sitzen, brüllt der Schimpanse unaufhörlich mit weit aufgesperrtem Rachen, unter gellendem Geschrei und hoch emporgehobenen, gespreizten Armen, als handle es sich um das Entrinnen aus einer tötlichen Gefahr. Das einzige, wonach sich der Schimpanse sehnt, wonach er trachtet, was er wünscht, ist eben Spiel, Bewegung der Bewegung halber, ein durch nichts gehemmter, freier Umgang mit Menschen... Was Wunder, wenn das Tier mit seinem ganzen Wesen so ausdrucksvollen, stürmischen Protest erhebt gegen die erste schlichte Forderung von Seiten des Experimentators: ruhiges Verbleiben auf dem Experimentiertisch und Achtgeben auf die darauf befindlichen Objekte (Abbildung C.3, „Erste Sitzung im Laboratorium. Beginn des Experimentierens mit dem Affen.“). Als absolut notwendig erwies sich hiermit die Einführung in die Versuchskonstellation, zwecks Anspornung zur Arbeit und Belohnung für korrekt Vollzogenes — des Elementes von Spiel, und zwar in der dem Affen zusagenden, Art: Fangen und Verfolgen, Schaukeln, Purzeln, Balgen, Kitzeln u. drgl. m. (Abbildung C.5, „Anspornung des Tieres zur Arbeit mittelst Spiele nach korreckt erfolgtem Wahlen.“). Nach jeglichem Versuch, jeder erfolgten Antwort, bzw. rechtmässig vollzogenen Wahl, wurde dem Affen völlige Freiheit im Spiel überlassen.

Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass bei derartigen Verhältnissen jeder Gedanke einer Anregung zur Arbeit durch Bestrafung zu verwerfen war. Das alleinige Verspäten der Belohnung in der Form des Spieles, ein Verzögern des letzteren,, gezwungenes Verbleiben des Schimpansen auf dem Experimentiertische — waren dem Tiere dermassen unangenehm und peinlich, dass eventuell nach mehrfach inkorrektem Wählen, einzig und allein beim Worte falsch! der Affe traurig wurde (Abbildung C.8, „Erstes, anfangliches, unwilliges, unrichtiges Wahlen seitens des Schimpansen.“, Fig. 1, 2), seine Lippen vorstreckend, zu stöhnen pflegte, um nach wiederholt misslungenen Lösungen der gestellten Aufgabe sich in einem lauten Brüllen zu ergehen. Das Tier bestrafte sich selbst bei jedem Irrtum, wurde missgestimmt nach jedem Fehlgriff, suchte lebhaft nach der richtigen Lösung mittelst fortwährender Aenderung der Antwort. Dieses Wechseln in der Wahl erwies sich als ein Faktum von besonders grosser theoretischer und praktischer Bedeutung. War es anfangs allerdings nicht stets verbunden mit dem Korregieren des begangenen Irrtums, so erschien es dennoch als gewisse Aeusserung einer Tendenz zu einer solchen Besserung.

Das folgende, zunächst gesetzte Ziel war den Schimpansen zu veranlassen, das Herauswählen eines Objektes von bestimmter Farbe zu vollziehen, u. zw. auf deren mündliche Benennung seitens des Versuchsstellers. Vollzogen wurde das Experiment mit achromatischen Farben: Weiss und Schwarz. Genannte Farben wurden dem Schimpansen vorgelegt in Form von gleich-grossen und gleichgestalteten Papierstücken. Die Zahl derselben war nur unbedeutend: zwei bis drei. Sämtliche Stücke wurden vereinzelt disponiert, in gegenseitiger Entfernung von etwa 10—12 ctm. (Abbildung C.3, „Erste Sitzung im Laboratorium. Beginn des Experimentierens mit dem Affen.“, Abbildung C.8, „Erstes, anfangliches, unwilliges, unrichtiges Wahlen seitens des Schimpansen.“). Durch Vorstrecken der Hand und das vorherige Benennen der gewünschten Farbe, sowie Hinweisen auf das entsprechende Papierstück, wurde nun das Tier ersucht, die Wahl eines der farbigen Objekte zu vollziehen. Das Wählen selbst wurde fortwährend dirigiert durch Ansporung des Tieres mittelst Darbietung von Spiel und Freiheit bei richtiger Wahl, durch Wegbleiben von Spiel und Einbüssung der Freiheit bei falscher Antwort. Als Resultat von 500 Versuchen ergaben sich bei Anwendung geschilderter Methode und mannigfacher Variation der Versuchsbedingungen folgende Befunde:

  1. Akustische Wahrnehmung wird nicht assoziiert mit visueller, selbst nach 500 Experimente und trotz demonstrativer, prägnanter Hervorhebung des Lautprinzips, des Wählens durch Benennung und Vorzeigen der Farben.

  2. Als feste Tatsache ist zu bezeichnen das Unterscheidungsvermögen des Schimpansen innerhalb beider achromatischer Farben: Schwarz und Weiss.

Bewiesen wird das Letztere durch richtiges Herausfinden der einen wie der anderen Farbe, falls diese oder jene wiederholt gefordert wurde, durch ein wiederholt richtiges Auswählen von gleichgefärbten Stücken — auf die gleichbleibende Frage. Diese Richtigkeit der Antworten erleidet keine Störung selbst bei Komplizierung der Versuchsbedingungen: bei Erhöhung der Gesamtzahl der zum Wählen dargebotenen Objekte und im Falle ihrer gegenseitig eng-gedrängten Anordnung als Gruppe.

Eine positive Eigentümlichkeit dieser Ergebnisse war es, die meine Aufmerksamkeit besonders auf sich lenkte: das durchwegs richtige wiederholte Herausfinden seitens des Schimpansen aus der ihm vorliegenden Gruppe allemal, wenn es galt, gleichfarbige, also identische Objekte wiederholt zu geben.

Dieser Umstand lenkte mich auf den Gedanken diese Eigentümlichkeit methodologisch auszunutzen und bewog mich, das Prinzip des Wählens ins Gebiet rein visueller Wahrnehmungen zu verlegen.

Es galt also, eine entsprechende visuell-motorische Reaktion des Tieres hervorzurufen als Antwort auf einen gleichfalls visuellen Reiz. Es wurde an das Tier die Forderung gestellt, aus der ihm vorgelegten Gruppe farbiger Objekte solche herauszuwählen, die mit dem seitens des Experimentators vorgezeigten Muster (Vorlage) identisch waren.

Indem wir hier die Frage übergehen, inwiefern ein ähnliches Verfahren seitens der Pädologie und Psychopathologie schon Anwendung gefunden (zumal eine Benutzung analogen Forschungsmodus in genannten zwei Gebieten erst geraume Zeit nach selbständigem Arbeiten mit der Methode mir zur Kenntnis kam), möge hier kurz Erwähnung finden deren flüchtige und resultatlose Benutzung in der Tierpsychologie im Jahre 1889 in einigen Experimenten von Lubbock mit dessen Hunde, insofern Lubbock dem Hunde beizubringen suchte, auf vorhergehendes Vorzeigen eines bestimmten farbigen Objektes eine entsprechend gefärbte Karte ihm zu apportieren. Wie bereits erwähnt, waren die Versuchsergebnisse vollkommen negativ, und die Methode dürfte in der Art, wie sie während der vorliegenden Arbeit selbständig entstand, sich ausgebildet, praktisch durchgesetzt und teilweise modifiziert wurde,—für die Tierpsychologie als neu und — meines Wissens — bis auf heute als noch unbenutzt betrachtet werden.

Das Wesen der Methode Hesse sich am kürzesten und klarsten formulieren als die Wahl nach Muster und zerfällt (bei der konkreten Durchführung) in folgende drei gleich wichtige Hauptmomente:

  1. Vorzeigen des Musters, gleichsam als Symbol der Forderung des Experimentators (Stellung der Aufgabe, Abbildung C.10, „Der Schimpanse bei der Arbeit mit chromatischen Farben nach der Methode Wahl nach Muster.“, Fig. 1, Abbildung C.11, „Der Schimpanse beim Operieren mit chromatischen Farben nach der Methode. Wahl nach Muster.“, Fig. 1, Abbildung C.12, „Der Schimpanse beim Hantieren mit zwei-farbigen Kombin ationen.“, Fig. 1.)

  2. Suchen seitens des Schimpansen nach einem mit Muster oder Vorlage identischen Objekte innerhalb gegebener Gruppe der verschiedenen zur Wahl gebotenen Objekte (Suchen der Lösung. Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“, Fig. 1; Abbildung C.11, „Der Schimpanse beim Operieren mit chromatischen Farben nach der Methode. Wahl nach Muster.“, Fig. 1).

  3. Erkennen des identischen Objektes, begleitet durch den entsprechenden Bewegungsakt: Entnehmen des Herausgefundenen, aus der gesamten Gruppe und dessen Ueberreichen dem Versuchs-steller. (Lösung der Aufgabe. Abbildung C.10, „Der Schimpanse bei der Arbeit mit chromatischen Farben nach der Methode Wahl nach Muster.“, Fig. 2, Abbildung C.11, „Der Schimpanse beim Operieren mit chromatischen Farben nach der Methode. Wahl nach Muster.“, Fig. 2, Abbildung C.12, „Der Schimpanse beim Hantieren mit zwei-farbigen Kombin ationen.“, Fig. 2, Abbildung C.13, „Kompliziertes Identifizieren von Objeckten seitens des Schimpansen.“, Fig. 2, Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“, Fig. 2.)

Im Interesse einer wirksameren Regulierung der Antworten, sowie zwecks Uebertragung auf den Affen der Initiative bei der Wahl, erwies sich die Einführung in die Versuche einer Reihe spezieller Anordnungen und Kautelen als durchaus notwendig.

  1. Das wichtigste davon ist das Einsetzen der Abschätzung oder Bewertung nicht in den Prozess der eigentlichen Wahl (nicht beim erstmaligen Berühren des zu wählenden Objektes), sondern beim Akte des Darreichens an den Experimentator des bereits herausgefundenen Objektes, zu einem Zeitpunkt also, da die Lösung der gestellten Aufgabe de facto schon vollzogen ist durch die eigene Initiative des Schimpansen, und der Experimentator bloss die Richtigkeit des Resultats zu prüfen hat [214] .

  2. Eine weitere nicht minder wesentliche Vorsichtsmassregel war: strengstes Unterlassen jeglichen Kontaktes zwischen dem Versuchssteiler und dem Versuchstier bis zu dem Augenblick des Vorzeigens, des Darreichens von Seiten des Schimpasen des bereits Gewählten; also völliger Ausschluss jeglicher bewusster oder unbewusster Zeichen, jeder optischen, akustischen oder taktilen Signalisation [215] .

Das erstere wurde erzielt, entweder durch das Hinsetzen des Tieres (namentlich am Anfang der Versuche), rückwärts zum Versuchssteiler während des eigentlichen Wahlaktes des Tieres, oder durch die Stellung des Experimentators über dem Niveau des Kopfes des Schimpansen und speziell derart, dass Letzterer tatsächlich ausser Stande war, den Ersteren zu sehen, zumal in dem Moment des Wählens, wo das Tier, beschäftigt mit dem Aufsuchen der auf dem Experimentiertische befindlichen Objekte, dermassen tief den Kopf nach unten senkt (Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“, Fig. 1 u. 2), dass in dessen Sehfeld, ausser den ihm vorgelegten und zu wählenden Objekten, überhaupt nichts zu liegen kommt. Das zweite (mögliches Vorhandensein akustischer Beeinflussung) wird leicht und vollständig eliminiert durch absolutes Schweigen des Versuchstellers während des Wählungsaktes bis zum Moment des Darreichens seitens des Tieres des von ihm herausgefundenen Objektes. Das dritte (etwaiges direktes Berühren des Versuchstieres) fehlte vollkommen und durchwegs während der ganzen in Betracht kommenden Arbeitszeit, vor allem — vor und innerhalb des eigentlichen Wählungsaktes.

Obzwar nur durch ausführliche Beschreibung des tatsächlichen Verlaufes der vorgenommenen Versuche, so wie deren eingehende Analyse ein erschöpfender Beweis zu bringen wäre gegen das eventuelle Mitspielen jedweder äusseren Signalisation, mögen die wichtigsten von diesen Beweisen hier dennoch kurz Erwähnung finden.

Das Wegbleiben von jeder äusseren Signalisation, jeder unwissentlichen Zeichen wird — unter anderem — bewiesen durch:

  1. Das selbständige Anwenden seitens des Schimpansen des ihm beigebrachten Könnens, freiwilliges und eigenmächtiges Bezeugen seiner Kenntnisse auch ausserhalb des ursprünglichen Arbeitsraumes, des Laboratoriums-Milieus.

  2. Korrekte Leistungen des Tieres bei verschiedenen Ver-suchsstellern, also bei deren personalem Abwechseln und trotz Verschiedenheit bezüglich des Lokals, der Arbeitszeit, sowie der im Versuche angewendeten Objekte.

  3. Richtiges Herausfinden des fraglichen Objektes unter Experimentier- Bedingungen, die das mutmassliche Eingreifen jed-welcher optischer Einwirkung von Seiten des Versuchsstellers unmöglich machen, wie z. B. bei vollständigem Verbergen des zu wählenden Objektes inmitten einer ganzen Gruppe anderer, eng beieinander liegender, bei deren hoher Zahl (bis 50 Stück) und gegenseitiger Verdeckung (Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“, Fig. 1, 2).

  4. Befangenheit des Tieres, ja manchmal dessen völliges Versagen bei der Lösung solcher Aufgaben, die, äusserst einfach in bezug auf äussere Konstruktion, auf einer Aenderung des Wahlprinzips beruhten (so z. B. beim Prüfen des Schimpansen in bezug auf dessen Fähigkeit im Zählen und der Herstellung von Aehnlichkeitsassoziationen) unter strikter Beibehaltung aller sonstigen Versuchsbedingungen, trotz lebhaftestem Wunsch und redlichem Bemühen des Versuchsstellers, trotz beträchtlicher (monatelanger) Dauer diesbezüglicher Experimente.

  5. Offenbare Besserung der Resultate in den Leistungen des Tieres nach vorangehender Uebung u. bei Arbeiten mit Aufgaben von gleichem Typus; grösserer Erfolg in deren Lösung im Vergleich zu Aufgaben, die prinzipiell, und — dem Typus nach — dem Tiere unbekannt unter technisch gleichen Ausführungsbedingungen gestellt werden.

  6. Aenderung der Lösung parallel einer Veränderung der Kompliziertheit der dem Affen vorgelegten Aufgaben.

  7. Freies Ausführen von Seiten des Schimpansen unvorhergesehener, vom Experimentator unerwarteter, selbständiger sinnvoller Lösungen.

  8. Ausführen seitens des Schimpansen einer Auswahl von identischen Objekten auf Grund kinaesthetischer Wahrnehmung: dem Ueberleiten visueller Eindrücke in motorische, das Identifizieren beider (Herausfinden mittelst Herausfühlens divers gestalteter Objekte aus der Tiefe eines um die Hand des Affen fest geschlossenen Sackes).

Als wichtigstes und leitendes Prinzip bei der konkreten Durchführung der geschilderten Methode und bei der Kontrolle der Verrichtungen des Tieres galt: möglichst voller Ausschluss einer automatischen Trainierung des Schimpansen auf bestimmte Leistungen, vielmehr das stete Anstreben einer die geistige Entwicklung des Tieres fördernden Belehrung.

Etliche Vorzüge der angewendeten Methode förderten im hohen Grade eine Durchführung dieses leitenden Prinzips und dürften unter diesen günstigen Besonderheiten der Methode wenigstens die wichtigsten hier kurz Erwähnung finden.

An erster Stelle sei hervorgehoben das Demonstrative der Methode, das Anschauliche in der gestellten Aufgabe — dem Ziel, der Forderung des Experimentators; das Vermögen einer Steigerung dieses demonstrativen Teiles, sowohl durch mannigfache äussere Anordnungen und Kunstgriffe, welche die Aufmerksamkeit des Tieres auf das Muster lenken, als auch durch wirksame Zusammenstellung von qualitativ recht ausdrucksvollen Mustern.

Eng verbunden mit vorhergenannter Eigenart erweist sich folgende nicht minder wichtige: das Augenfällige etwaiger begangener Fehler für den Affen selbst beim Wählen von nicht richtigen, dem Muster nicht entsprechenden Objekten, dank der Möglichkeit einer unmittelbaren Gegenüberstellung beider: des gewählten, Objektes und des Musters.

Bedingt durch diese beiden Eigentümlichkeiten, tritt ein neuer wesentlicher Vorzug mit hinzu: das Ermöglichen für den Schimpansen einer sinnreichen, bewussten Lösung der gestellten Aufgabe in Anbetracht des einfachen natürlichen und anschaulichen Bandes zwischen Forderung und Leistung.

In vollstem Einklang mit dem hier Gesagten erscheint besonders wertvoll für den Experimentator das Vermögen ausbildender und bestimmt gerichteter konkreter Einwirkungen auf das Tier beim Kontrollieren seiner Leistungen und namentlich bei fehlerhaftem Wählen.

Besonders erwähnungswert, sowohl an und für sich, als auch im allgemeinen Plan der Untersuchung der Erkenntnisfähigkeiten des Schimpansen, sowie dessen Psyche überhaupt ist, die Plastizität der vorgeschlagenen Methode: das Vermögen, fussend auf bereits Erreichtem, eines schier unendlichen Variierens der gestellten Aufgaben nach Form und Inhalt, das Nichtwiederhölen zweier nacheinander folgender Versuche und somit der Ausschluss alles Automatischen, Stereotypen in den erzielten Leistungen, was seinerseits den Weg zu einem mehr bewussten, sinnreichen Verhältnisse des Tieres zu denselben bahnt. Diese Abwechslung bezieht sich (innerhalb Verrichtungen von gleicher Art) bald auf das Muster selbst (bei sonst gleichbleibenden Versuchsbedingungen), auf dessen Lage, Stelle, Form u. Zeit des Exponierens, bald auf die Gruppe der zu wählenden Objekte, speziell die Zahl derselben, gegenseitige Anordnung und qualitativen faktischen Bestand. Das aufzusuchende Objekt wird in die Gruppe der zur Wahl gebotenen in den verschiedensten Verhältnissen (nach Qualität, Zahl odei Kaum) zu letzterem hinzugefügt, zuweilen — wenn Kontrollversuche vorlagen — fast gänzlich von den anderen verdeckt. Alles in Allem, dürfte uns berechtigen, bei Anwendung der hier beschriebenen Methode von der Herstellung zwischen Versuchstier und Versuchssteller eines gegenseitigen Kontaktes von solcher plastischer Beschaffenheit zu reden, dass derselbe in bezug auf Mannigfaltigkeit und Wirkung in gewissem Sinne mit einer Art konventioneller Sprache sich vergleichen Hesse. Dieser Umgang zwischen Mensch u. Affe, einmal festgelegt, ergab in folgendem die volle Möglichkeit, in kurzer Zeit und ohne Schwierigkeit, auf ungekünstelte, direkte Weise die höchst mannigfaltigen bereits vorhandenen elementaren Erkenntnisfähigkeiten des Schimpansen aufzudecken und die Grenze der möglichen Entwickelung derselben anzudeuten.

Es genügt hier nachstehende Reihe von diversen Leistungen, die in verhältnismässig kurzer Zeit mittelst geschilderter Methode sich erzielen Hessen, flüchtig zu erwähnen: das Unterscheiden von achromatischen und chromatischen Farben, das Erkennen mannigfacher planimetrischer und stereometrischer Figuren, das Unterscheiden von verschiedenen Volumen u. Flächen, von Länge-Breite- Höhe-Dimensionen; das Erkennen farbiger Kombinationen, Buchstaben, Abbildungen von verschiedenen Gegenständen. Etliche Modifikationen der Methode berechtigten eine bestimmte Stellungnahme zu der Frage über die Befähigung des Tieres für elementare Abstraktionen. Das Modifizieren der Versuchsbedingungen und die damit verbundene Veränderung der Leistungen des Tieres lieferten das wirksame Kriterium für die Bewertung der verschiedenen Faktoren, die das korrekte Lösen der gebotenen Aufgaben begünstigten oder event. auch hemmten, förderte hiemit das Aufdecken des psychologischen Charakters der Verrichtungen des Tieres.

Ermöglicht wurde dies natürlich nur durch ein Notieren jeden Aktes beim Modifizieren der gestellten Aufgabe und jeden einzelnen Prozesses in den Ausführungen des Schimpansen. Bewirkt wurde sowohl das eine wie das andere durch ganz besonders strenges Kontrollieren der Experimente und durch deren äusserst sorgfältiges und ausführliches Protokollieren. Ganz präzise wurden aufgezeichnet sämtliche Versuchsbedingungen, wie Frage, Antwort, gegenseitige Verhältnisse und Lage der zur Wahl gebotenen Objekte und des Musters, jede Aenderung bei sämtlichen Ingredienten des Versuchs. Notiert wurde die Anzahl der vollzogenen Experimente, die ein Erfolg benötigte; genau protokolliert wurde buchstäblich jede Lösung der gebotenen Aufgabe. Unrichtige, verfehlte Antworten wurden besonders ausführlich notiert, unter beständiger Angabe des Charakters des begangenen Irrtums, so wie auch des Charakters der erfolgten Lösung.. Aufgezeichnet, in Betracht gezogen bei Bearbeitung der Resultate wurden auch event. Aeusserungen des emotionellen Zustandes des Tieres.

Sämtliche angeführte Daten waren wohl berechtigt, bei entsprechender Zusammenstellung ein genügend umfangreiches Material an Tatsachen zu bieten, die graphisch ausgedrückt, besonders ausdrucksvoll erschienen. Die Unterscheidungskurven wiedergaben anschaulich die Variationen der Leistungen, entsprechend den Variationen von diversen Aufgaben, so wie verschiedenen Bedingungen bei gleicher Aufgabe; sie ermöglichten, ganz klar den Einfluss von verschiedenen komplizierenden Momenten auf das Unterscheiden zu verfolgen, berechtigten eine definitiv bestimmte Annahme eines Vorhandenseins in den vollzogenen Experimenten des Prozesses von wahrer, wirksamer Belehrung des Schimpansen und nicht bloss einseitig- automatischer Dressur, eines Prozesses sinnvoller Vervollkommung, nicht bloss mechanischer Trainierung auf bestimmt begrenzte Leistungen.

Zu Gunsten des letzteren spricht zweifellos die Tatsache der festen Beibehaltung im Gedächtnis des Tieres des einmal Geleisteten selbst nach Modifizierung der Versuchsbedingungen, das Sinnvolle im Lösen von modifizierten Aufgaben, das freie, selbständige Operieren des Schimpansen mittels der ihm während der Experimente beigebrachten Kenntnisse.

Das scharfe Einprägen und Beibehalten im Gedächtnis des Schimpansen des bereits Erzielten wurde hinreichend bewiesen durch exaktes Ausführen des normal Geleisteten selbst nach Verfluss von geraumer Zeit, bei Unterbrechungen in der Arbeit (für die Dauer mehrerer —bis drei—Monate); fichtiges Ausführen derselben selbst bei extremer Abweichung der äusseren Versuchsbedingungen: Aenderung des Typus der dem Affen dargebotenen Objekte [216] , personellem Wechsel der Versuchssteller [217] , bedeutender Erhöhung der Zahl der den Versuchen beiwohnenden Zuschauer (bis 30), so wie Aenderung des Experimentierungsraumes. Das erfolgreiche und tadellose Ausführen des schon einmal Geleisteten bewährte sich selbst bei höchst anormalen und zu äusserst wenig günstigen Konstellationen, welche die Aufmerksamkeit des Tieres offenbar ablenkten, so beispielsweise, beim Vollziehen der Versuche in durchaus neuem Milieu oder bei Ausführung einer Kino-Aufnahme, woselbst weder das blendendgrelle Licht, noch das Geräusch des Apparat (das zu Anfang eine offenbare Angst bei dem Tiere erregte, später bloss dessen Neugier) — fast ohne jede nachteilige Wirkung für die Arbeit blieben. Das Sinnvolle der Leistungen des Affen wird am klarsten bewiesen durch ein Alte-rieren der gestellten Aufgaben sowohl der Form, wie auch dem Wesen nach, woselbst das Tier, vor eine neue und ihm zuvor unbekannte Forderung gestellt, durchaus keine Verblüffung zeigt, kein richtungsloses Umhertasten, sondern sich vielmehr in der neuen Sachlage zu orientieren sucht, um der gestellten Schwierigkeiten Herr zu werden, dabei ganz offenbare Initiative zeigt und gewisse Schlagfertigkeit zu Tage legt [218] . Das Subjektive, das gewissermassen Sich-Bewusstsein im Verhalten des Schimpansen in bezug auf das von ihm Gelernte, zeigte sich sowohl in dessen wählerischem Verhältnisse zu den dargebotenen Objekten vor und nach den entsprechenden Versuchen, wie auch in gewissen Aeusse-rungen der erworbenen Kenntnisse nicht bloss im stereotypen Laboratoriums — Milieu, das stets Elemente des Obligatorischen und Zwingendens enthält, sondern auch ausserhalb der Experimentierzeit und der Versuchsbedingungen, während der freien, selbständigen Beschäftigung und dem Spiele des Schimpansen [219].

Die Anwendung des neuen Wahlprinzips, das Anlernen des Tieres an das Wählen eines mit den vorgezeigten Muster identischen Objektes, wurde eingeleitet durch das Operieren mit acht Farben, darunter sechs chromatischen (rot, orange, gelb, grün, blau, violett), und zwei achromatischen — weiss und schwarz (Abbildung C.10, „Der Schimpanse bei der Arbeit mit chromatischen Farben nach der Methode Wahl nach Muster.“).

Drei Ziele wurden anfangs beim Versuche angestrebt:

  1. Ausführen seitens des Schimpansen des Prozesses der Identifikation in bezug auf Farbe der Objekte.

  2. Unterscheiden seitens des Schimpansen der chromatischen Grundfarben.

  3. Prüfung dieses Unterscheidungsvermögens in bezug auf dessen Grad und Grenzen.

Als Resultat von zwanzig Experimentierungstagen, die sich auf zwei Monate verteilten (erste Sitzung — 25 März, zwanzigste Sitzung — 27 Mai), ergab sich ein Erreichen sämtlicher drei gestellter Ziele: a) Beibringen dem Tiere des Vollziehens einer Wahl von farbigen Objekten, identisch mit dem vorgezeigten Muster (Wahl nach Muster), b) Analyse der vom Affen ausgeführten Unterscheidung von sieben Grundfarben des Spektrums, c) Anlernen des Tieres an präzises Unterscheiden von qualitativ sich nahestehenden Farben.

Am schwierigsten erwies sich das Erreichen des zuerst gestellten Zieles, welches als Grundlage der beiden letzteren erscheint.. Bei dessen Durchführung erwies sich als Haupthindernis das andauernde Nichtbegreifen seitens des Schimpansen des eigentlichen Wahlprinzips, der inneren Bedeutung und des Sinnes der Vorlage, des Musters. Die bei weitem grösste Schwierigkeit bei Anwendung dieses Prinzips lag in dem vorsichtigen Tasten des Versuchstellers nach der zusagendsten (der Sachlage entsprechenden) Art und Weise, dem Tiere das richtige Verständnis des Prinzips beizubringen, das Auffinden und Durchführen einer Methode, die berufen wäre, dem Schimpansen das verständnisvolle Aneignen der ihm gestellten Forderungen zu erleichtern, unter. Ausschluss jeglicher mechanischen Trainierung auf bestimmt begrenzte Leistungen und deren automatisiertes Vervollkommen.

Verwirklicht wurde das gesteckte Ziel in erster Linie durch ein Verwerfen alles Stereotypen bei Durchführung der Experimente, durch weitgehendes Variieren, Alterieren der Versuchsbedingungen und zwar bezüglich aller drei grundliegenden Bestandteile der Experimente: 1) des als Muster dienenden Objektes, 2) der zur Wahl dem Affen vorgelegten Gruppe, 3) der in letzterer befindlichen und mit dem Musterstück identischen Objekte.

Bezüglich der Verfahrungsweisen, wie sie nach und nach (je nach den steigenden Schwierigkeiten für den Affen) seitens des Versuchstellers in Anwendung gebracht wurden, zielten sämtliehe daliin hinaus, dem Tiere über gewisse Schwierigkeiten hinwegzuhelfen, und beruhten in der Hauptsache darin, das Augenmerk des Tieres auf diejenigen Seiten des Versuchs zu lenken, die sonst von Affen unbemerkt, vernachlässigt und ignoriert, oder aber nicht verstanden wurden. Von diesen mit den drei Haupt-operierungsakten des Schimpansen (betreffs 1. das Muster, 2. der zur Wahl gebotenen u. 3. der zu wählenden Objekte) eng verbundenen Verfahrungsweisen seien hier die wichtigsten, sofern sie im Prozesse der Bemächtigung seitens des Schimpansen des Prinzips des Wählens von Bedeutung waren, kurz erwähnt:

  1. Betreffend den Prozess der Wahrnehmung des Musters: Hinlenkung der Aufmerksamkeit des Schimpansen auf das Muster, eine Steigerung, Betonung des Demonstrativen dieses letzteren, die Erleichterung der Wahrnehmung desselben und Beibehaltung im Gedächtnis des Versuchstieres.

    Vorlegen von Objekten von ganz neuem Typus und verschiedener, dem Tiere beiläufiges Interesse bietender Beschaffung (Enochenplatten von verschiedener Form, Eicheln, Holzklötzchen), diverser chromatischer Farben von maximaler Intensität, nach Qualität und Quantität vielfach modifizierbar (von zwei bis zwei und zwanzig); Einführung in nacheinander folgenden Versuchen von kontrastreichen, event. komplementären Farben; Anbringen des Musters in besondere Stellung die das Demonstrieren möglichst steigert; Vorzeigen der betreffenden Objekte auf gleichfarbigem schwarzem Hintergrunde oder auf eintöniger Handfläche; Ausführung von verschiedenen Manipulationen mit dem vorgezeigten Muster, im Falle dessen völligen Nichtbeachtens vom Schimpansen: Vorrücken und Zurückziehen des Musters, dessen Emporwerfen in die Luft, Beklopfen, Hindeutung mit dem Finger, Berühren mit der Hand des Affen, zwecks Herbeilenkung des Interesses und aktiver Achtsamkeit desselben auf das vorgezeigte Stück.

  2. In Bezug auf den Prozess des Identifizierens des zu wählenden Objektes mit dem vorgezeigten Muster:

    Alterieren der Konstellation bezüglich des als Vorlage oder Symbol gezeigten Musters; Ueberlassen dem Schimpansen voller

    Freiheit für selbständiges Identifizieren; Vorzeigen solcher Farbenmuster, mit denen der Schimpanse unmittelbar vordem schon operiert, u. zw. bei selbständiger Handhabung derart gefärbter Stücke. Ersuchen wiederholter Ausführung desselben Wahlaktes-(zuweilen nacheinander bis zu 30 mal), also, das mehrfache Entnehmen gleichgefärbter Stücke, welche in entsprechend grosser Zahl der dem Schimpansen vorgelegten Gruppe beigemengt sind, Stellung gleichsinniger, eventuell derselben Frage nach durchaus korrekt vollzogener Wahl; Vorlegen als Muster einer vom Schimpansen selbst frei gewählten Farbe; Abwechseln der Farbe des gezeigten Musters nach jeden zwei sich nacheinander ablösenden Fragen; häufigeres Vorzeigen der vom Schimpansen vorgezogenen Musterfarbe, solcher von grösserer Intensität oder von erprobt bester Unterscheidung; eventuell-vereinzelte (nur dann und wann, im Falle offenbarer Schwierigkeiten für den Affen) Hindeutung auf das herauszufindende Objekt in der dem Affen vorgelegten Gruppe; Ausführung des Wahlaktes durch den Experimentator selbst; Erleichterung des Wählens für das Tier vermittelst Nachahmung, durch ein direktes Gegenüberstellen des zu suchenden Objektes mit dem Muster; stetiges Abwechseln der Muster innerhalb bloss zweier Farben und allmähliches Erweitern dieser Grenzen bis auf 3, 4, 5, 6, 7 Farben (nach Bewältigung des eigentlichen Wahlprinzips — selbst bis auf 24 Farben).

  3. Betreffend den Prozess der richtigen Erkennung des herauszufindenden Objektes, verbunden mit dem mannigfaltigen, fast endlosen Variieren der Verhältnisse, betreffend des zu suchenden Objektes:

    Modifikationen der zum Wählen vorgelegten Gruppe: gleichzeitiges Zusammenstellen anfangs möglichst intensiv gefärbter und kontrastreicher Objekte (schwarz, weiss, rot.); Steigerung der Zahl von gleichgefärbten Stücken von 2—3 bis 5; gleichzeitiges Zusammenstellen von sieben farbigen Objekten (weiss, schwarz, rot, orange, gelb, grün, blau); Erhöhung bis zu 25 der Gesamtzahl der zur Wahl gebotenen farbigen Objekte; ein Zusammenstellen bloss qualitativ naher, gegenseitig leicht verwechselbarer, nur mit Mühe unterscheidbarer Farben (orange—gelb; rot—orange). Gegenüberstellen von bloss achromatischen Farben (shwarz—weiss). Gleichseitiges Vorlegen von achromatischen und chromatischen Farben, so wie letzterer allein, bei gleichzeitiger Einführung von 2, 3, 4, 5, 6, 7 Farben und Vorhandensein von zwei bis dreissig Stück in der Gruppe, unter bald allmählichem, bald plötzlichem, spontanem Kompliziertwerden der Gruppe. — Zusammenstellen von Objekten von ganz neuem Typus, so wie neuer Farben; extreme Steigerung der Zahl der zu wählenden Objekte von 42 bis auf 100 Stück, darunter bis zu 30 Stück von der identischen gesuchten Sorte. Zusammenstellen von qualitativ sehr nahe stehenden Farben (dunkelblau—dunkelviolett) solcher von gleicher Qualität und ganz verschiedener Helligkeit (dunkelgrün— kellgrün); Farben von durchaus verschiedener Qualität und annähernd gleicher Helligkeit (dunkelblau— dunkelviolett—dunkelbraun).

    Es wurden folgende Zusammenstellungen mit Erfolg zur Ausführung gebracht:

    3 Töne dunkelroter Farbe: bordeau (I) [220] , hellbordeau (II), braunrot (X).
    4 Schattierungen von Rot: bordeau (I), rot (III), hellrot (IV), rosa (V), hellrosa (VI).
    4 Schattierungen von Purpurviolett: dunkelpurpur-molett (XXVII), lilarot (XXIII), rosa-lila (XXVI), dunkelpurpurn (XXIV).
    7 Chromatische Grundfarben: rot (III), orange (VII), gelb (XII), grün (XVa), blau (XVII), dunkelblau (XlXb), violett (XXIIa).
    13 Farben, darunter 7 chromatische Grundfarben, 6 — deren Mischungen darstellend: bordeau (I), rot (III), orange (VII), goldgelb (XI), zitronengelb (XII), grasgrün (XIVa), flasehen-grün (XIV), blaugrün (XVI), blau (XVII), violett (XXII), hell-lila (XXI), blau-molett (XX) braunrot (X).
    14 Farben: hellbordeau (II), rot (III), braunrot (X), orange (VII), goldgrün (XI), zitronengelb (XII), flaschengrün (XIV), grasgrün (XIVa), blau (XVII), hellblau (XVIII), kornblumenblau (XIX), hell- lila (XXI), dunkelviolettpurpum (XXVII), violettblau (XX).
    22 gleichzeitig vorgelegte Farben: dunkelbordeau (I), rot (III), rosa (V), hellrosa (VI), orange (VII), hellbraun (VIII), braungelb (IX), braunrot (X), goldgelb (XI), zitronengelb (XII), blassgelb (XIII), flaschengrün (XIV), grasgrün (XIVa), grünblau (XVI), blau (XVII), hellblau (XVIII), kornblumenblau (XIX), violettblau (XX), hell-lila (XXI), violett (XXII), lilarot (XXIII), dunkelpurpurn (XXIV).
    6 feinere Schattierungen von roter Farbe bei gleichzeitiger Zusammenstellung: bordeau (I), hellbordeau (II), rot (III), hellrot (IV), rosa (V), hellrosa (VI).
    7 purpur-lila-violette Farbentöne, gleichzeitig: hell-lila (XXI), dunkelviolettpurpurn (XXVII), rosalila (XXVI), dunkel- purpurn (XXIV), hellpurpurn (XXV), rotlila (XXIII), violett (XXII).
    7 spektrale Grundfarben, gleichzeitig: rot (III), orange (VII), gelb (XII), grün (XlVa), blau (XVII), dunkelblau (XIXb), violett (XXII), bei 24 farbigen Objekten in der Gruppe.
    6 Farbentöne der ersten Spektralhälfte: rot (III), rosa (Va), orange (VII), orangegelb (VIIa), zitronengelb (XII).
    5 farbige Töne der zweiten Spektralhälfte: dunkelgrün (XVa), hellgrün (XVb), hellblau (XIXa), dunkelblau (XlXb), dunkelviolett (XXIIa).
    20 verschiedene chromatische Töne: bordeau (I), rot (III), rosa (V), hellrosa (VI), orange (VII), hellbraun (VIII), braungelb (IX), braunrot (X), goldgelb (XI), zitronengelb (XII), blassgelb (XIII), flaschengrün (XIV), grasgrün (XlVa), blau (XVII), hellblau (XVIII), kornblumenblau (XIX), violett (XXII), violettblau (XX), helllila (XXI), dunkelviolettpurpurn (XXVII).
    12 Schattierungen von Rot-purpurn-violett-lila: hell-bordeau (II), rot (III), hellrosa (IV), rosa (V), hellrosa (VI), rosa-lila (XXVI), hellpurpurn (XXV), dunkelpurpurn (XXIV), lila-rot (XXIII), violett (XXII), helllila (XXI), dunkelviolettpur-purn (XXVII).
    8 Farben bei Vorhandensein von 34 farbigen Objekten: rot (III), orange (VII), zitronengelb (XII), hellgrün (XVb), dunkel-blau (XIXb), violett (XXIIa), schwarz, weiss.
    12 Farben bei der Gesamtzahl von 50 Stück in einer Gruppe: rot (III), rosa (Va), orange (VII), orangegelb (VIIa), zitronengelb (XII), hellgrün (XVb),- dunkelgrün (XVa), hellblau (XlXa), dunkel-blau (XIXb), violett (XXIIa), schwarz, weiss.
    23 Farben gleichzeitig vorgelegt: bordeau (I), rot (III), rosa (V), hellrosa (VI), orange (VII), hellbraun (VIII), braungelb (IX), goldgelb (XI), zitronengelb (XII), blassgelb (XIII), flaschengrün (XIV), grasgrün (XlVa), blau (XVII), hellblau (XVIII), kornblumenblau (XIX), violett (XXII), violettblau (XX), helllila (XXI), dunkelpurpurn (XXIV), rosalila (XXVI), erbsengrün (XXVIII), graublau (XXXI), schwarz, weiss.

  4. Hinsichtlich der verschiedenen Verfahren, die sich auf das eigentliche Wählen der geforderten identischen Objekte aus der vorgelegten Gruppe beziehen:

    Das Ermöglichen für den Schimpansen einer Wahl nicht früher, als das Tier die Gruppe der zur Wahl gebotenen Objekte mit dem Blick definitiv fixiert (was im Beginne der Versuche gelegentlich sogar durch Halten des Affen bei der Hand gefördert wurde); völliges Zurückhalten des Experimentators zur Zeit des eigentlichen Aktes des Herausgreifens durch den Schimpansen des zu wählenden Objektes; das Fehlen jedes äusseren Kontaktes zwischen dem Versuchssteiler und dem Schimpansen während dieses Wählungsaktes; Ueberlassen dem Schimpansen voller Möglichkeit bezüglich selbständiger Ausführung der Lösung; Einsetzen der verbalen Abschätzung, des wörtlichen Bewertens (falsch!, richtig!) an den Schlussmoment der Lösung (den Akt des Darbietens von Seiten des Schimpansen des bereits gewählten Stückes, nicht ah das erstmalige Berühren des Objektes — aus Gefahr einer Beeinflussung der Antwort seitens des Versuchsstellers), also in einem Zeitpunkt, wo die Arbeit völlig aufgeklärt und ganz präzise sich qualifizieren lässt. Ein ausdrucksvolles, wirksames, dem Tiere verständliches und angenehmes Billigen der richtig ausgeführten Wahl — das Einführen von allerhand Bewegungsspielen, deren mannigfache Modifikation und Raffinierung in der Ausführung, je nach der Abnahme, einer Verminderung des erstmaligen anspornenden Reizes derselben für den Affen; Ausbleiben bzw. völliger Wegfall dieser Anspornung nach falscher Antwort, prägnantes, nachdrückliches Abweisen, event. Wegschleu-dern der falsch gewählten Stücke, namentlich in Fällen zäher Wiederholung seitens des Schimpansen der misslungenen, irrtümlichen Lösung. Darbieten dem Affen öfterer Gelegenheit zu freiem, eigenmächtigem Hantieren mittelst der Versuchsobjekte und zu selbständiger Umgruppierung der Letzteren.

    Entsprechend der bei weitem wichtigsten, bereits erwähnten Schwierigkeit (dem dauernden Nichtbegreifen seitens des Schimpansen des eigentlichen Sinnes u. der inneren Bedeutung des gezeigten Musters), muss hier zugegeben werden, dass unter den erwähnten drei, den Identifikationsprozess zusammensetzenden Momenten, nämlich: 1) Wahrnehmung des Musters. 2) Erkennen des Gesuchten. 3) Dessen Auswahl und das weitere Hinzufügen der übrigen identischen Objekte — es das zweite Hauptmoment — Erkennen des Gesuchten — war, welches die grössten Schwierigkeiten zur Ueberwindung bot.

    In vollem Einklange damit erwies sich denn auf Grund einer genauen Analyse der betreffenden Experimente, dass das Hinzufügen des ersten zu ersuchenden Objektes zum gegebenen Muster, oder dem Modell, mehr Schwierigkeiten bot, denn alle sonstige Verrichtungen des Tieres; dass, ferner, mehr denn alle sonstige — etwaige Modifikationen der Versuchsbedingungen betreffend die erwähnten drei Hauptkomponenten des Versuches — es vor allem das Modifizieren, Alterieren, Abwechseln der Farbe des gegebenen Musters und des ihm entsprechenden Gesuchten war, was die Richtigkeit der Wahl am meisten beeinträchtigte, dass, endlich — die Bewältigung des eigentlichen Wahlprinzips in erster Linie dadurch zustande kam, dass die als Vorlage gedienten Muster unter steter Abwechslung und mannigfaltigem Variieren dem Versuchstiere geboten wurden.

    Gesagtes wird in vollkommenster Art bewiesen durch konkrete Daten der Experimente. Schon am Anfang dieser letzteren vollzog der Affe ganz korrekt das Identifizieren von Objekten gleicher Farbe bei gelegentlich selbständigen Gruppierungen derselben, so wie namentlich bei wiederholtem Wählen und der Wahl auf gleichsinnige Fragen: in allen diesen Fällen bot das richtige Handhaben dieser oder jener Farbe für den Affen meistens keine Schwierigkeit. Bei Ausführung derartiger Operationen liess sich der Schimpanse keineswegs beirren, selbst in Fällen, wo die ihm zwecks Wählung vorgelegten Gruppen äusserlich bedeutend komplizierter angeordnet wurden (Vermehrung der Gesamtzahl der Objekte und der Zahl der Farben; Veränderung ihrer gegenseitigen Anordnung in der Gruppe, so wie des Verhältnisses der als identisch zu vereinigenden Stücke). In Gegensatz dazu, unter ganz ähnlichen Verhältnissen, selbst bei Vereinfachung der Versuchskonstellationen, vermöchte der Schimpanse das geforderte, gesuchte Stück nicht zu erkennen auf erfolgte neue Frage u. bei Abwechslung des Musters, wie es noch am fünften oder sechsten Tage der betreffenden Experimente sich erwiess.

    In diesem letzten Falle wirkte jede minimale Aenderung bezüglich sämtlicher drei Komponente der Versuche (Vorbild, Suchobjekt, Wahlgruppe) — gleichviel, ob es sich um Steigerung der Kompliziertheit oder Vereinfachung des Wählens handelte — entscheidend auf die Richtigkeit der Lösungen. Aus diesem Grunde wurde eine möglichst planvolle Durchführung des Prinzips der steten Abwechslung der Farbe des gezeigten Musters in jeden zwei sich ablösenden Fragen durchgeführt — anfänglich kombiniert mit den sonst allereinfachsten Bedingungen der Wahl: dem Vorzeigen als Muster oder Vorlage nur solcher Farben, die vom Tiere sicher unterschieden wurden; dem Zusammenstellen des herauszusuchenden Objektes in der Gruppe der zur Wahl gebotenen derart, dass innerhalb der letzteren ausser der gesuchten Farbe nur noch eine möglichst kontrastierte sich befand; unter allmählicher vorsichtiger Steigerung der Kompliziertheit des Bestandes der gesamten Gruppe. Graduelles Einführen von 2, 3, 4, 6, 7 Farben, event. von 2, 3, 4, 5, 6, 7, 15, 30-farbigen Objekten.

    Infolge solcher Anordnung bei stetig abwechselndem Vorzeigen von Mustern aller 7 angefragten Farben — vollzieht der Affe regelrecht korrektes Anreihen des ersten ausgewählten Stückes auf ein Muster von beliebiger Farbe (am sechsten — siebenten Versuchstage). Das Anwenden genannter Methodik erschien somit als Wendepunkt der ganzen Arbeit, in dem Prozess allmählicher Bewältigung von Seiten des Schimpansen des Prinzips des eigentlichen Wählens. — Die spätere beträchtliche rein äussere Komplikation und Alterierung der Bedingungen der Wahl erschwerte nur ganz unbedeutend das Vollziehen solcher ohne wesentliche Störungen in deren Richtigkeit.

    Dieses Bewältigen des Wahlprinzips, des innerlichen Bandes zwischen der gezeigten Vorlage und dem zu suchenden Objekt ergab sich beim Schimpansen im verhältnismässig kurzer Zeit, u. zwar im Falle einfacher Versuchsbedingungen bereits am sechsten Experimentierungstag, im Falle komplizierterer Konstellationen nach der neunten Sitzung — im Verlaufe von 3 Wochen imersten Falle, und von 4½ Wochen — in dem letzteren.

    Einmal festgesetzt, verbleibt dies innerliche Band für alle Zukunft ganz intakt und unerschütterlich. Im Ferneren bewährt sich die Bewältigung des einmal angeeigneten Prinzips sogar trotz, kolossaler Schwierigkeiten resp. Neuerungen in der Arbeit: Steigerung der Gesamtzahl farbiger Objekte bis auf 100 Stück; deren vollkommener Vermengimg; haufenförmigem, ganz regellosem Ueber-einanderlegen (vergl. Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“); Erhöhung der gesamten Farbenzahl bis über zwanzig (22) gleichzeitig dem Affen vorgelegter Farben und der Einführung ganz neuer Farben; unter Zulassung von Zwischenpausen, Unterbrechungen der Arbeit während Wochen und selbst Monaten (wie solches bei Erkrankungen des Affen vorzukommen pflegte); bei dem Vorzeigen von farbigen Objekten von ganz neuem Typus, bei der Anwendung von farbigen Kombinationen, bei Erweiterung des Identifikationsprozesses auf diverse sonstige Objekte (Unterschied in Form u. Grösse) beim Wechsel der Person des Experimentators, des Laboratoriums- Milieu's, unter Verhältnissen, welche die Achtsamkeit des Affen sicher abzulenken drohten.

    Diese Richtigkeit des Identifizierens in bezug auf Farben zeigt sich schwankend und erleidet Störungen nur unter ganz bestimmten sachlichen Bedingungen, und aus dem einzigen Grunde: nämlich in dem Falle auftretender Schwierigkeiten für den Affen im Prozess der eigentlichen Unterscheidung der gegebenen Farben.

    Es ermöglicht uns somit das hier Geschilderte den Ueber-gang zu einer analytischen Betrachtung der beiden anderen Fragen, nämlich über Grad und Umfang der für den Schimpansen festgestellten Unterscheidungsfähigkeiten in bezug auf Farbe überhaupt.

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Die Hauptstufen in Prozess der Bildung von Gleicheitsassozi-ationen beim Schimpansen, das allmähliche Zustandekommen des Kontaktes zwischen dem Versuchstiere und dem Versuchssteiler lassen sich skizzenhaft in nächstfolgender Weise schildern.

SCHEMA DER BILDUNG UND VERVOLLKOMMNUNG DES IDENTIFIKATIONSPROZESSES BEIM SCHIMPANSEN.

  1. Regelrecht korrektes wiederholtes Identifizieren von Farben.

    Richtiges Herauswählen auf Forderung des Experimentators-sämtlicher scharf distingter Farben bei mehrfach wiederholtem Operieren mit derselben Farbe.

    1. Bei wiederholter Wahl von gleichem Typus, bei Vorhandensein mehrerer identischer zu suchender Objekte in der Gruppe.

    2. Bei Vorzeigen des Musters von derjenigen Farbe, mit welcher der Affe unmittelbar vordem gearbeitet.

    3. Bei Vorzeigen eines von Seiten des Schimpansen selber frei gewählten Musters.

    4. Nach Hinweisung von Seiten des Versuchsstellers aufs erste Stück der vom Versuchstiere geforderten identischen Objekte.

    5. Bei Stellung gleichsinniger Fragen, also bei wiederholtem Vorzeigen von gleichfarbigem Muster nach gewisser Zwischenpause und erfolgter Aufmunterung für korrekt vollzogene Wahl.

  2. Willkürlich selbständiges wählerisch es [221] Identifizieren eines Teiles der gegebenen Farben.

    Selbständiges wählerisches Vereinigen von in Farbe identischen Objekten, bei selbständigem freiem Operieren mit den Farbplatten.

  3. Zeitweiliges, wählerisches korrektes neues Identifizieren.

    Richtiges Wählen auf gestellte Forderung des Experimentators auch bei abwechselnden Fragen, allerdings nur für gewisse Farben und bei ganz bestimmten speziellen Anordnungen der Versuche:

    1. in bezug auf Farben, die recht grell und maximal gesättigt, offenbar vom Tiere bevorzugt werden,

    2. in bezug auf Farben, die am öftesten gefragt werden.

    3. bei besonders scharf hervorgehobenen, prägnanten Demon-strierungen des Musters.

  4. Regulär korrektes neues Identifizieren von Farben. Regelrechtes, richtiges Vollziehen seitens des Schimpansen auf gestellte Forderung des Identifikationsprozesses in bezug auf sämtliche gut unterscheidbare Farben, auch beim Alte-rieren der Fragen.

    1. bei Abwechslung der farbigen Objekte innerhalb bloss zweier Farben:

      1. beim Vorlegen von Gruppen von der einfachsten Zusammensetzung,

      2. bei gradueller Komplizierung der zum Wählen vorgelegten Gruppe.

    2. bei Abwechslung der Farbmuster innerhalb sechs seit früher schon bekannter Farben:

      1. beim Wählen innerhalb einfachster Gruppen, bestehend aus 2, 3, 4 Farben,

      2. beim Wählen aus Gruppen, die in bezug auf Qualität u. Quantität allmählich komplizierter werden,

      3. beim Wählen aus Gruppen, die bereits von Anfang an recht kompliziert gestellt waren.

  5. Korrektes neues Identifizieren seitens des Schimpansen von ganz neuen Farben, so wie von Objekten von ganz neuem Typus.

    1. bei Wahl aus einfach konstruierten Gruppen (4 Farben, 4 farbige Objekte),

    2. bei Wahl neugearteter Objeckte aus Gruppen von allmählich steigender Komplizierung in bezug auf Anzahl der Objekte (4 Farben, bis 100 farbige Objekte),

    3. bei Zusammenstellung von Farben, die sich in bezug auf Helligkeit nahe stehen,

    4. bei Zusammenstellung von intermediären Farben (im Verhältnis zu den Grundfarben),

    5. bei Zusammenstellung von qualitativ sich nahestehenden Farben,

    6. bei Zusammenstellung von qualitativ zunächst stehenden, nahezu gleichen Farben.

  6. Richtiges Vollziehen von bereits früher ausgeführten Identifikationen bei durch Zwischenpausen unterbrochener Arbeit.

  7. Korrektes Identifizieren farbiger Objekte bei gleichzeitiger qualitativer und quantitativer Komplizierung der Identifi- kalionsbedingungen:

    1. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 10 diversen Farben.

    2. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 12 diversen Farben.

    3. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 19 diversen Farben.

    4. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 5 feineren Nüancen roter Farbe.

    5. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 5 feineren Nüancen purpurner Farbe.

  8. Richtiges Identifizieren farbiger Objekte unter bedeutender (sowohl nach Qualität, wie nach Quantum) Kompliziertheit der Bedingungen des Wählern und bei Zulassen von Unterbrechung in der Arbeit.

    1. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 24 farb. Objekten in 7 diversen Farben,

    2. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 6 qualitativ nahen Farben der I Spektralhälfte,

    3. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 20 farb. Objekten von 20 diversen Farben,

    4. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 5 qualitativ nahen Färbungen von Rot,

    5. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 10 qualitativ nahen Schattierungen von Violett-rot,

    6. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 34 Objekten von 8 Spektralfarben,

    7. bei gleichzeitigem Zusammenstellen von 23 farbigen Objekten, enthaltend 23 diverse Farben.

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Leichter, einfacher, erreichbarer erwiesen sich die beiden anderen von dem Versuchssteiler gestellten Ziele:

  1. Prüfung des Unterscheidungsvermögens des Schimpansen in bezug auf die chromatischen Grundfarben;

  2. die spezielle nach Grad u. Umfang vorgenommene Analyse des Unterscheidungsvermögens von qualitativ zunächst stehenden Farbentönen.

Bereits vor dem Zustandekommen einer wirklichen Bewältigung des eigentlichen Wahlprinzips konnte das Vermögen des Schimpansen in bezug auf Unterscheidung von diversen Farben einer Prüfung unterzogen worden, u. zw. ganz leicht und einfach: durch Beobachtung des freien, ungezwungenen Hantierens des Schimpansen mit den farbigen Objekten, durch Betrachten selbständig von ihm vollzogenen Zerlegungen von Gruppen zahlreicher bunt durcheinanderliegender Objekte von diverser Farbe, einzig und allein auf Grund der dem Schimpansen eigenen Tendenz für das Zusammenfügen, das Vereinigen gleichfarbiger Objekte während seiner Spiele, so wie der ständigen Versuche einer Aneignung der Stücke.

Leichter kontrollierbar und bei weitem objektiver lässt sich eine Prüfung dieser Unterscheidungsfähigkeiten im Experiment durchführen, und zwar bei wiederholter Ausführung ein und derselben Wahl, so wie beim Wählen auf gleichsinnige Fragen (beides während der sechs ersten Arbeitstage, ehe der Schimpanse das Prinzip des Wählens sich vollkommen angeeignet), ferner — von dem 7 Versuchstage an — auf Grund des Identifizierens farbiger Objekte nach Bewältigung des Wahlprinzips.

Eine genaue Prüfung aller Fälle von erfolgter Identifizierung von diversen Farben unter den bereits erwähnten mannigfaltigen Bedingungen, so wie eine genaue Analyse des vom Tiere geleisteten (sowohl nach positiver, wie auch namentlich in negativer Richtung) in Betreff des Tdentifikationsprozesses liefern ein beträchtliches und für die allgemeine Klärung des Problems z. T. hinreichendes Material.

Zusammenfassend lassen sich die Resultate dieser Analyse mittels nachfolgender kurzgedrängter Liste wiedergeben; sie enthält alle vierzig vom Affen unterscheidbaren, ihm in sämtlichen Kombinationen vorgelegten und geprüften Farben, unter Beibehaltung (chronologisch angeordnet) der beim Experimentieren akzeptierten Reihenfolge, unter Angabe der Häufigkeit der korrekten Antworten für jede Farbe oder farbige Kombination, sowie auch deren Qualität, nebst Aussagen über die Art eventueller Missgriffe und Fehler.

Schon die flüchtige Betrachtung der Ergebnisse (Табл. A.3) unter Erwägung spezieller Fälle einer ganz besonders hartnäckigen Vermengung von gewissen Farben seitens des Schimpansen, zeigt ohne weiteres die wesentliche Eigenart des Tieres in bezug auf dessen Fähigkeit im Farbenunterscheiden nnd die Richtung, den Charakter der dabei zutage tretenden Fehler.

  1. Farben, die verschiedenen Spektralhälften entnommen sind, werden als Regel mit einander nicht verwechselt.

  2. Farben, die im Spektrum intermediär zu liegen kommen, resp. Uebergänge zwischen dessen Hauptfarben repräsentieren, werden ganz besonders scharf verwechselt; so wird z. B. Grünblau (XVI) garnicht unterschieden von den beiderseits zunächst stehenden und ihn zusammenstellenden Farbetönen: Grün (XIVa) und Blau (XVII); Violett (XXII) erweist sich als verwechselbar mit Violett-Purpur (XXVII), letzteres — mit Hellbordeau (II).

  3. Spektralfarben, die einen Zwischen-oder Uebergangs-charakter bieten, unterliegen anfangs der Verwechslung, und werden unterschieden bloss infolge dies bezüglicher spezieller Uebung: so wurde Rot verwechselt mit Orange, Grünblau — sowohl mit Grün als auch mit Blau, Violett mit Purpur-violett, dies letztere — mit Dunkelrot.

  4. Farben, die der Qualität nach intermediär sind (Mischfarben), werden verwechselt mit den beiden Farben, welche sie zusammenstellen: so wird Orange (VII) als intermediäre Farbe dürftig unterschieden von den ihm zusammensetzenden zwei Farben: Rot (III) und Gelb (XII); desgleichen Gelborange (VIIa) so gut wie garnicht unterschieden vom qualitativ zunächststehenden Orange (VII).

    Bereits diese 4 Gruppen der hier angeführten Tatsachen genügen, um den Hauptzug der Verwechslung von Farben seitens des Schimpansen aufzudecken, insofern diese Verwechslung von der qualitativen Nähe der dem Tiere vorgelegten Farben abhängig erscheint.

    Eine weitere Begründung dieser Annahme liefert die nächstfolgende, fünfte These, — nämlich:

  5. Ausführlichere Analyse in bezug auf Farbenunterscheidung innerhalb jedes Farbentones. Innerhalb einer Gruppe von 7 Abtönungen von roter Farbe (I, II, III, IV, V, VI) werden, mit Ausnahme des schwach gesättigten, nach Qualität und Helligkeit schart distingten Hellrosa (VI), alle übrigen offenbar verwechselt, beispielsweise: Bordeau (I) mit Hellbordeau (II), Rot (III) mit Rosa (V), Hellbordeau (II) mit Rot (III), Rot (III) mit Bordeau (I), Hellrot (IV) mit Rosa (V), Hellrot (IV) mit Rot (III) und Rosa (V). Das gegenseitige Verwechseln tritt um so stärker auf, je näher in bezug auf Ton die zusammengestellten Farben sich zu stehen kommen.

Bezüglich der Gruppe von 8 orangegelben Farbentönen (VII, VIIa, VIII, IX, XI, XII, XIII) bietet, wie bereits erwähnt, die grösste Schwierigkeit ein Wählen der qualitativ am meisten, intermediäre Farbenton Orange-gelb (VIIa), insofern er bis auf den letzten Versuchsstag (20) schlecht abgegrenzt wird von der qualitativ zunächststehenden Farbe — Orange (VII), wie denn auch einerseits diese Orange-Farbe (VII) — als qualitativ intermediäre zwischen Rot (III) und Gelb (XII), mit beiden letzteren verwechselt wird, wobei eine Verwechslung mit dem qualitativ näheren Rot (III) weit häufiger auftritt, als die Verwechslung mit Gelb (XII). In bezug auf eine Gruppe von 6 grünen Farbentönen (XIV, XIVa, XV, XVa, XVb) ergibt sich eine Verwechslung zwischen je zwei qualitativ sich zunächst stehenden Abtönungen: Flaschengrün (XIV) wird verwechselt mit Grasgrün (XIVa); weit mehr verwechselt wird Dunkelgrün (XVa) mit Hellgrün (XVb), da beide, trotz verschiedener Helligkeit, noch näher zueinander stehen.

Aus einer Gruppe von drei hellblauen Farbentönen (XVI, XVII, XVIII) werden die zwei ersten, als qualitativ zunächststehende Farben: Grünblau (XVI) und Blau (XVII), durchwegs verwechselt, resp. vollkommen vermengt.

Innerhalb der Gruppe von drei dunkelblauen Farben (XIX, XIXa, XIXb) erscheint eine Unterscheidung seitens des Schimpansen der zwei letzten Farben (XIXa u. XIXb), da diese in der Qualität fast gleich, nur in Bezug auf Helligkeit verschieden, als undurchführbar, und zwar bis auf den letzten Experimentierungstag.

Aus der Gruppe der Töne von Violett-lila (XX, XXII, XXIII, XXI, XXVII) wurden verwechselt: die qualitativ zunächst stehenden Farben: Violett (XXII) und Purpur-violett (XXVII). Hinsichtlich einer Gruppe von 5 lila-purpurnen- Farhentönen (XXI, XXIII, XXIV, XXV, XXVI) ist zu verzeichnen, dass fast jede zwei qualitativ sich zunächststehende Töne (die maximal divergenten ausgenommen) eine gegenseitige Verwechslung erleiden, wobei diese Vermengung in bezug auf die beiden mittleren (XXIV, XXV), als die am meisten intermediären Töne, am bedeutendsten erscheint.

Wenden wir uns nun zu einer eingehenden Qualifizierung dieser Identifizierungen von diversen Farbentöne, so finden wir die gleiche Gesetzmässigkeit des Verwechselns mit demselben deutlichen qualitativen Charakter.

Als Ergebnis einer Analyse sämtlicher der Prüfung unterzogener 40 chromatischer Farben zeigt sich, dass diese, bezüglich des Vervollkommnungsgrades der Unterscheidung, in die folgenden fünf Abteilungen sich klassifizieren lassen:

  1. In die erste Gruppe gehören zehn Farben, bezüglich welcher absolut keine Verwechslung mit anderen etwa hinzugesetzten Farben vorzukommen pflegt, und überhaupt keine andere der Qualität nach nahe Farben innerhalb der angewandten Suite sich erwiesen. Als solche wären zu betrachten:

    Hellrosa (VI), Stroh-gelb (XIII), Hell-blau (XVIII), Helllila (XXI), Hellbraun (VIII) Gold-gelb (XI), Kornblumenblau (XIX), Blau-violett (XX), Gelb-grün (XXVIII), Grau-blau (XXXI).

  2. Zu der zweiten Gruppe wären diejenigen Farben zu zählen, die mit einander absolut nicht verwechselt werden, dagegen aber wohl vermengt werden mit anderen qualitativ ihnen nahestehenden Farben aus den nächstfolgenden Gruppen. Diese der zweiten Gruppe zugezählten Farben (sieben an der Zahl) sind fast identisch mit den Grundfarben des Spektrums, und zwar in maximaler Sättigung: Rot (III), Gelb (XII), Grün (XIVa), Blau (XVII), Violett (XXII), Purpur (XXIV), Rosa-lila (XXVI).

  3. Die dritte Gruppe bilden Farben, die in bezug auf Qualität den zur zweiten Gruppe gezählten Farben nahestehen, von diesen jedoch bereits nach wenigen Uebungen von Seiten des Schimpansen unterschieden werden. Diese Farben (fünf an der Zahl) sind: Bordeau(l), Rosa (V), Flaschen- grün (XIV), Rot-lila (XXIII), Orange (VII).

  4. Der vierten Gruppe wären anzureihen jene Farben, welche einer dauernden Verwechslung unterliegen mit qualitativ zunächstliegenden Farben aus den Gruppen II und III, und nur auf Grund zahlreicher, andauernder Uebungen sich von letzteren unterscheiden lassen. Diese Farben — die fünf folgenden: Orange (VII), Rot-braun (X), Hell-rot (IV), Hell-purpurn (XXV) Braun-gelb (IX).

  5. Die fünfte Gruppe wird gebildet von sechs Farben, die durchwegs (bis zum Abschluss der Versuche) mit qualitativ zunächststehenden Fаrbеn hartnäckig verwechselt wurden, resp. von diesen nur unter eng begrenzten Experimentsbedingungen sich unterscheiden Hessen, nämlich bei Zusammenstellung von bloss diesen, unter sich verwechselbaren Farben. Ganz besonders muss betont werden, dass gerade diese leisten konfundierten Farben in besug auf Helligkeit scharf differierten.

Diese Farben, wie die ihnen (in bezug auf Ton) zunächststehenden, sind folgende:

Hell-bordeau (II) wird verwechselt mit Dunkel-bordeau (I),
Grün-blau (XVI) wird verwechselt mit Blau (XVII) и Grass-grün (XIVa),
Orange-gelb (VIIa) wird verwechselt mit Orange (VII),
Dunkel-blau (XIXb) wird verwechselt mit Hell-blau (XIXa),
Dunkel-grün (XVa) wird verwechselt mit Hell-grün (XVb),
Dunkel-violett-purpurn (XXVII) mit Hell-bordeau (II).

Als Endergebnis der vollführten Analyse wäre Folgendes zu konstatieren.

Aus einer Gesamtzahl von 40 Farben (der Hauptgruppe) können 22 Farben entnommen werden, die sich gleichzeitig kombinieren lassen, ohne das korrekte Wählen des Schimpansen zu behelligen. Tatsächlich fand eine erfolgreiche Zusammenstellung dieser 22 Farben statt am Schlusse der betreffenden Experimente (am 20 Versuchstage, Abbildung C.15, „Abstrahieren von Farben beim Operieren mit verschiedenflachigen Objeckten.“ fig, 1).

Die gesamte angeführte Analyse spricht durchwegs und absolut dafür, dass im Prozess der Farben-Identifizierung seitens des Schimpansen eine Orientierung des letzteren nach der Qualität der Farbe, nicht aber nach deren Helligkeit vorliegt; die Ergebnisse der Analyse inbezug auf Farbenunterscheidung innerhalb der V Gruppe bestätigen diese Behauptung absolut unwiderruflich.

Diese Ueberzeugung (dass beim Unterscheiden von diversen Farben beim Schimpansen nicht die Farbenhelligkeit, sondern der Farbenton von ausschlaggebender Bedeutung ist) erhält eine Bekräftigung durch ein präzises Untersuchen des Helligkeitscharakters, u. zw. in der Art, dass die der Prüfung unterzogenen chromatischen Farben speziell auf ihre Helligkeit bestimmt und diesbezüglicher genauer Analyse unterworfen wurden.

Das gesamte allgemeine Resultat dieser genauen Analyse lässt sich folgendermassen definieren:

Farben, die näher zueinander stehen in bezug auf Helligkeit, hingegen angesichts des Tones differieren, werden vom Schimpansen hesser distinguiert, als Farben von scharf verschiedener Helligkeit und nahem Tone.

Dieser Satz erhielt nun eine noch weit stärkere Begründung durch die spezielle Prüfung des Schimpansen in bezug aut Unterscheidung der eigentlichen Helligkeit von achromatischen Farben. Sechs Muster der letzteren, gekennzeichnet durch verschiedenen Grad der Beimischung von weisser Farbe, wurden einer speziellen Prüfung unterworfen in bezug auf deren Unterscheidung seitens des Schimpansen. Bei genannter Untersuchung ergab sich eine Reihe von Gesetzmässigkeiten, die sich folgender-massen definieren lassen:

  1. ein korrektes Unterscheiden in bezug auf Helligkeit von Seiten des Schimpansen wird in erster Linie bedingt durch den eventuellen Grad der Helligkeitsaffinität der gegenüberstellbaren Objekte;

  2. der eventuelle Abstand in der Helligkeit der letzteren muss (soll ein richtiges Identifizieren von achromatischen Farben zustande kommen) grösser sein (4,4%), als im Falle von chromatischen Farben (2,2%);

  3. die Zahl der gleichzeitig gegenüberstellbaren Objekte muss beim erfolgreichen Operieren mit achromatischen Farben um ein bedeutendes (fast um das 6-fache!) geringer sein (nicht mehr als vier Stück!), als beim Zusammenstellen von chromatischen Farben (zweiundzwanzig Farben!) bei gleichem Helligkeitsabstande.

Diese Daten deuten darauf hin, dass im Seelenleben des Schimpansen der Farbenton eine weit grössere Rolle spielt, als die Farbenhelligkeit.

Es lassen sich somit auf Grund des Gesagten folgende Ergebnisse kurz formulieren:

  1. Der Schimpanse vermag Farben beider Spektralhälften zu unterscheiden;

  2. richtiges Unterscheiden erfolgt bei gleichzeitiger Zusammenstellung von chromatischen Farben in bedeutender Anzahl (zweiundzwanzig, siehe Abbildung C.15, „Abstrahieren von Farben beim Operieren mit verschiedenflachigen Objeckten.“ Fig. 1.);

  3. der Grad der Richtigkeit im Unterscheiden von 40 diesbezüglich geprüften Farben wird bestimmt durch relative Nähe in der Qualität der gleichzeitig gebotenen Farben;

  4. die relative Helligkeit der chromatischen Farben übt keinen Einfluss auf den Unterscheidungsvorgang;

  5. achromatische Farben (mit Ausnahme von Weiss u. Schwarz) werden vom Affen schlechter unterschieden als chromatische.

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Nachdem die Frage nach dem Farbemmterscheiden seitens des Schimpansen sich als positiv beantwortet erwies, kam an die Reihe eine Prüfung des genannten Tieres in bezug auf Unterscheidung von diversen sonstigen, mehr komplizierten Kennzeichen und mögen hier die wichtigsten Ergebnisse kurz angegeben werden.

Der Schimpanse brachte es dahin, dass er Verbindungen (Kombinationen) von verschiedenen Farben (zwei und drei) zu unterscheiden vermochte, und zwar solche, die aus beliebigen-qualitativ diversen (und vereinzelt distinguierten) Farben kombi niert wurden (s. Табл. A.2 und Abbildung C.12, „Der Schimpanse beim Hantieren mit zwei-farbigen Kombin ationen.“).

Der Identifikationsprozess verlief ganz richtig selbst b wiederholtem Anbringen von jeder, die Verbindung aufbauender Farbe, wie z. B. bei Zusammenstellung nächstfolgender Suite: Rot-Dunkelblau, Rot-Grün, Rot-Gelb, Rot-Blau, Gelb-Blau, Grün-Blau, Grün-Gelb. (Abbildung C.12, „Der Schimpanse beim Hantieren mit zwei-farbigen Kombin ationen.“ fig. 1, 2).

Der Schimpanse hatte es gelernt, 13 planimetrische Figuren von gleicher Fläche zu unterscheiden (Kreis, Oval, Zwölf- Eck, Zehn-Eck, Sechs u. Fünf-Eck, Acht Eck, Quadrat, Rechteck, Rhombus, Trapez, Sektor, Halbkreis) bei gleichzeitigem Zusammenstellen von bis 8 Figuren.

Wurden planimetrische Figuren angewendet, die zu einander näher standen, also [mehr subtile Differenzen aufwiesen, so erfolgte ein korrektes Unterscheiden bei Herabsetzen der Zahl der dem Affen gleichzeitig dargebotenen Objekte bis auf fünf.

Unterschieden wurden ferner: vier diverse Dreiecke, vier ovale Formen, drei verschiedene Rechtecke , vier Formen des Trapezes, drei des Rhombus.

Der Schimpanse unterscheidet zehn Formen von stereo metrischen Figuren, bei gleichzeitiger Zusammenstellung bis auf sieben form verschiedene Objekte. Die vom Affen unterscheidbaren Figuren sind folgende: Kugel, Zylinder, Kegel, Kubus, Pyramide (mit 3, 4, 6 Seiten), Prismen (3—4—6-flächige). Der Schimpanse unterscheidet bei gleichzeitiger Zusammenstellung fünf stereometrische Figuren von diverser Annäherung zur Kugelform.

Das Identifizieren in bezug auf Grösse gab dem Unterscheiden in bezug auf Form durchaus nicht nach.

Der Schimpanse unterscheidet einen Höhenabstand von 22 mm. bei gleichzeitiger Zusammenstellung von 5 Objekten von diverser Höhe,. Desgleichen — einen Längenabstand von 8 mm bei gleichzeitigem Aufstellen von 6 ungleich langen Objekten.

In bezug auf Dicke — unterschied der Affe einen Abstand von 5 mm. bei gleichzeitigem Vorlegen von 5 Objekten, unter Anwendung von Flachobjekten (Klötzchen), wie auch solcher von zylindrisch abgerundeter Gestalt.

In bezug auf Breite unterscheidet der Schimpanse einen Abstand von 5 mm. bei gleichzeitigem Vorsetzen von 5 verschieden breiten Stücken.

Der Schimpanse ist befähigt Unterschiede zu erfassen inbezug auf Kreisfläche und Kugelumfang , beiderseits im Falle einer Differenz von 7 mm. Durchmesser, bei gleichzeitigem Vorlegen von 10 verschiedenen Grössen, u. zwar auch dann, wenn die betreffenden Objekte nicht in bestimmter Keihenfolge (je nach Grösse) angeordnet werden.

Der Affe distinguiert gerade, stumpfe, spitze Winkel, unterscheidet zwischen vertikaler und gesenkter Linie.

In sämtlichen soeben hier erwähnten Fällen einer positiven Unterscheidung seitens des Schimpansen von diversen Merkmalen tritt folgende höchst wichtige Eigentümlichkeit zutage:

Jedesmal, wenn dem Schimpansen Aufgaben von neuem Typus dargeboten wurden und das leitende, dem Identifizieren obliegende Kennzeichen gewechselt wurde — erfolgte das korrekte Auffinden des neuen Merkmals seitens des Schimpansen selbständig und sofort bei der alleinigen Vorraussetzung, dass diese erste Kombinierung von Objekten eines neuen Typus letztere in minimaler Quantität enthalten und von möglichst scharfer Differenz bezüglich des genannten Merkmals.

Etwas komplizierter stellten sich einige weitere dem Affen vorgelegte Aufgaben, deren Lösung dank derselben Identifikationsmethode oder durch gewisse Modifikationen dieser letzteren erzielt wurden.

So wurde der Schimpanze, z. В., aufgefordert, nicht ein identisches Objekt, sondern die Abbildung desselben, eine Zeichnung von dem Gegenstande, auszuwählen. Desgleichen wurde dem Schimpansen beigebracht, gewisse Buchstaben (von A bis M, sowie von U bis O), die auf Pappdeckel gedruckt waren, zu unterscheiden.

Es zeigte sich, dass ein bierauswählen eines Objektes nach dessen Abbildung bei weitem nicht so regelrecht verlief, wie die Wahl derselben Stückes nach einem, gegenständlichen (also durch ein identisches Objekt repräsentierten) Muster.

Noch weniger korrekt, obzwar im allgemeinen ohne Zweifel positiv, verläuft das Wählen von entsprechenden Objekten auf ein Vorzeigen von deren 2—3-facher verkleinerter oder vergrösserter Abbildung; — je mehr die Grössendifferenz, desto geringer die Korrektheit bei der Wahl.

Eine weitere Abänderung des Identifikationsprozesses beim Hantieren mit verschiedenen Grössen und Gestalten bildete die neue Versuchsanordnung, die mir von Prof. Rossolirno anempfohlen wurde und bei der Erforschung defektiver Kinder Anwendung gefunden hat.

Eine Anzahl von Objekten, vollkommen verschieden in Gestalt und Grösse; wurden in die Tiefe eines an der Mündung dicht geschlossenen Sackes verborgen. Dem Versuchstiere enstand die Aufgabe, das Wählen zu vollziehen, ohne in den Sack zu gucken, so wie ohne Kenntnis von dessen Inhalt, sondern allein auf Grund taktiler-muskulärer, kinaesthetischer Auffassung der in dem Sacke befindlichen Objekte und entsprechend dem dem Tiere vorgelegten visuellen Muster.

In den Sack wurden, z. В., gleichzeitig folgende Objekte gelegt: Prisma, Kreisplatte, flaches Rechteck, Stäbchen. Entsprechend diesen mannigfaltigen Modifizierungen des sich trozdem bewährenden Versuchsprinzips (das Wählen von Identischem) gewann die Ausführung des Identifikationsprozesses nach und nach an Sicherheit und an Genauigkeit.

Während am Anfang der Versuche, bei dem Vorlegen, z. В., von bestimmten Farben nur vollkommen gleichgestaltete und gleich grosse Objekte zur Verwendung kamen (beim Hantieren mit diversen Grössen — solche von derselben Form u. Farbe, bei der Handhabung von Formen — gleichgrosse und gleichgefärbte), so iessen sich im Verlaufe der Versuche gleichzeitig differente Merkmale, verschieden in bezug auf Farbe, Grösse u. Form, zusammenstellen, ohne dass dadurch die Richtigkeit der Antworten gefährdet wurde: der Schimpanse wählte richtig das identische Objekt, trotz dessen partieller Aehnlichkeit mit anderen.— Als unerlässliche Bedingung des korrekten Identifizierens blieb allerdings ein isoliertes, nicht gehäuftes Anordnen der dargebotenen Objekte, eine Lagerung, bei der in bezug auf jedes einzelne Objekt das einheitliche Bild als Ganzes nicht verdunkelt wird. Abbildung C.13, „Kompliziertes Identifizieren von Objeckten seitens des Schimpansen.“, Fig. 1.)

Wurde dagegen bei dem Wählen innerhalb einer an Zahl der Wählobjekte umfangreichen Gruppe die letzteren bloss haufen-förmig aufgeworfen, so erlitt die Richtigkeit der Antworten sofort gewisse Störungen: nach zutreffender Angabe eines, event. auch mehrerer durchaus identischer Objekte, begann der Affe solche anzureihen, die sich partiell, also entweder bloss der Farbe, oder nur der Grösse nach, als ähnliche erwiesen. (Abbildung C.14, „Abstrahieren von Farben bei der Arbeit mit einflachigen Objeckten.“. fig. 1 u 2).

Dieser-Umstand brachte mich auf den Gedanken, eine spezielle Prüfung vorzunehmen in bezug auf das Vermögen des Schimpansen, Aehnlichkeitsassoziationen, auszubilden, einfachste, elementare Abstraktionen von bestimmten Merkmalen, wie Farbe, Form, Grösse u. drgl. m.

Bei diesen neuen vorzunehmenden Versuchen galt es offenbar, ein dem vorhergehenden Prinzip diametral entgegengesetztes einzuführen. Dieser Umstand wurde insofern berücksichtigt, als innerhalb der Gruppe der zusammenstellbaren Objekte solche, die in Bezug auf alle Merkmale identisch, sämtlich ausgeschlossen waren, und somit verhindert wurde, dass die dem Schimpansen schon geläufige Auswählung von identischen Objekten und das neu erprobte Wählen von bloss ähnlichen sich gegenseitig kreuzten.

Wirksames Hervorheben des neuen Wahlprinzips wurde erzielt durch streng bedachtes Kombinieren der zusammenstellbaren Objekte. Sollte, z. В., eine Prüfung der Assoziation für Farben unternommen werden, und galt es die Einstellung der Orientierung des Schimpansen auf die letzteren, so wurden die betreffenden Objekte von der mannigfaltigsten Form, Grösse und Substanz genommen (Knochen- Platten, Papierstreifen, gefärbte Eicheln, Stäbchen, Kügelchen...) von diverser, aber mehrfach wiederholter Farbe.

Galt es aber dem Versuchsteller, das Kennzeichen der Grösse zu betonen, also das Vereinigen der sonst verschiedenen zu wählenden Objekte auf Grund ihrer Grössenmerkmale zu erzielen, so wurden Objekte angewendet, die scharf verschieden in bezug auf Färbung, mehrere (2-3) ungleiche Dimensionen aufwiesen.

Besonders wäre zu erwähnen, dass der Affe ein Vereinigen von Gegenständen je nach deren Grösse ohne jegliche Veranlassung und Hilfe meinerseits zuweilen auszuführen pflegte, namentlich bei dessen freiem, selbständigem Spielen mit den farbigen Objekten. Eine ausgesprochene Vorliebe bezeugte der Schimpanse für die allerkleinsten Knochenplatten trotz verschiedenster Form und Farbe derselben, was offenbar ein Orientieren nach dem Merkmale der Grösse involviert.

Mehrere Versuche inbetreff der Farbenidentifizierung wurden in z. T. modifizierter Weise vorgenommen.

Das dem Affen vorgelegte Muster wurde nach einmaligem Vorzeigen während 1—2 Sekunden gänzlich dem Blicke des Tieres entzogen. Dei Schimpanse wurde somit genötigt, eine Auswahl zu vollziehen, ohne dass ihm durch wiederholtes Anblicken des Musters die Möglichkeit gegeben wurde, die einmal bekommene Auffassung je nach Belieben zu erneuern. Die dem Affen vorgelegte Gruppe der zu wählenden Objekte umfasste zahlreiche ganz regellos vermischte Haufen von diversen Farbe-platten. Bei solcher Anordnung der vorgenommenen Versuche zeigten sich nun folgende Ergebnisse.

Die Richtigkeit des Wählens wurde [nicht gefährdet, wenn von dem Zeitpunkt des Vorzeigens des Musters bis zum Moment des Anblicks und Erfassens des zu wählenden Objektes eine Zeit-spanne von nicht mehr denn 15 Sekunden lag. Vermochte der Schimpanse innerhalb dieses Zeitraumes nicht das Richtige zu finden, so begann er falsche Antworten zu geben, ja selbst in bezug auf solche Farben, die sonst zu den von ihm am besten distinguierten gehörten. Ein Zeitabstand von 20 Sek. gab als Regel eine negative Lösung. Demzufolge könnte man vermuten, dass die Vorstellung des Musters ohne dessen wiederholte Wahrnehmung allmählich von Sekunde zu Sekunde an Intensität verlor und eine Ungenauigkeit des Identifizierens nach sich zog.

Dies über allen Zweifel sich ergebende Vermögen des Schimpansen in bezug auf richtiges Vereinigen von nicht bloss absolut (in allen Merkmalen) identischen Objekten, sondern auch solcher, die bloss in einem Merkmale sich glichen, — berechtigte das nähere, präzisere Erforschen des Problems über die Fähigkeiten des Schimpansen für die Ausbildung von Aehnlichkeitsassoziationen, sofern diese im Prozesse einer Abstrahierung einzelner Merkmale (z. B. Farbe) sich bekunden.

Dementsprechend wurden folgende Versuche angestellt. Genommen wurden folgende höchst ungleiche Objekte: halbkugelige Pappschachteln von diverser Farbe und entsprechend-farbige Pappstücke von Quadratform. Faktisch wurden diesbezügliche Versuche auf nächstfolgende zweifache Weise durchgeführt.

Erste Anordnung: Auf Vorzeigen einer bestimmt gefärbten Schachtel musste der Schimpanse innerhalb einer ihm vorgelegten Gruppe von Quadratstücken diverser Farbe das mit der Schachtel Gleichfarbige wählen (Abbildung C.15, „Abstrahieren von Farben beim Operieren mit verschiedenflachigen Objeckten.“).

Zweite Anordnung: Vor dem Schimpansen wurde eine Gruppe von divers gefärbten Schachteln aufgestellt; sodann wurde dem Affen ein Quadratstückchen von bestimmter Farbe eingehändigt, das er in die der Farbe nach entsprechende Pappschachtel legen musste (Abbildung C.16, „Allgemeine Ansicht des Laboratoriums wahrend des Experimentierens mit dem Affen.“. Fig 1).

Als Ergebnis dauernder, zuletzt doch durch Erfolg gekrönter Uebungen gelang es, dem Schimpansen beizubringen, dass derselbe die Vereinigung genannter scharf verschiedener Objekte auf Grund allein der Farbenmerkmale vollzog.

Gewisse Eigentümlichkeiten dieser letzten Leistungen mögen noch besonders hier hervorgehoben werden:

  1. Das Vereinigen von ähnlichen Objekten auf Grund der Farbenkennzeichen erfolgt bedeutend regelmässiger in dem Falle, wo die Farbenschachtel nach gegebenem Quadrat zu wählen war, als umgekehrt — beim Auswählen des farbigen Quadratstückes auf die dem Affen vorgezeigte Schachtel.

  2. Richtiges Vereinigen von ähnlichen Gegenständen erfolgte anfänglich bloss bei gleichzeitigem Vorhandensein identischer Figuren, auf dem Hintergrunde der bloss ähnlichen Objekte (Hineinlegung in die zu wählende Farbschachtel eines in Farbe identischen Quadratstückes!), im folgenden auch ohne solche Beihilfe.

  3. Das Einstellen von Aehnlichkeitsassoziationen erfolgt mit differenter Fertigkeit und Regelmässigkeit für die verschiedenen Farben, am leichtesten für grelle Farben und solche von maximaler Sättigung.

  4. Die Richtigkeit bei der Vollziehung der Vereinigung verschiedener Objekte nach dem Farbenmerkmal wird bedingt durch das qualitative gegenseitige Verhältnis der zusammenstellbaren Objekte, so wie den Bestand der Gruppe in quantitativer Hinsicht.

  5. Ein korrektes Aufweisen von Aehnlichkeitsassoziationen zeigt scharfe Störung selbst nach kurzer Unterbrechung in der Arbeit, lässt sich jedoch bald wieder vollkommen herstellen.

  6. Die Regelmässigkeit und Fertigkeit im Ausführen der Aehnlichkeitsassoziation erreicht bei weitem nicht das Feste und Korrekte in der Ausführung von Gleichheits-Assoziationen.

  7. Der Weg zur Herstellung einer korrekten Ausführung des Aehnlichkeitsassoziationsprozesses war vollkommen jenem analog, der zur Ausbildung von Gleichheits-Assoziationen geführt hat.

  8. Vollziehen von Vereinigung von in bezug auf Farbe, Form und Grösse ungleichen Objekten kam zustande auf assoziativem Wege und war begründet auf Erfahrung von durchaus konkreter Art; als Resultat andauernder, planmässig vorgenommener Versuche, die Schritt für Schritt das Wahlprinzip gleichsam herausschälten durch mannigfache Aenderung der Fragestellung, Modifikationen der Bedingungen beim Aufsuchen der fraglichen Objekte.

  9. Das Abstrahieren in bezug auf Farbe war, genau gesprochen, keine Abstraktion im eigentlichen Sinne dieses Wortes, vielmehr eine rein praktische Verallgemeinerung, gegründet auf konkrete, praktische Erfahrungen und nicht auf logische Schlussfolgerung, die mit Begriffsbildung verbunden wäre.

  10. Einmal eingestellt, wird dieses Generalisieren laut Analogie auf anderweitige verwandte — auch in neuer Form entstehende — Situationen übertragen.

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Am Sehluss dieses kurzen Auszuges aus der hier nur teilweise ausführlich publizierten Arbeit (vorliegender Band umfasst kaum einen dritten Teil der während 3 Jahren ausgeführten Untersuchungen über das Seelenleben des Schimpansen) dürften wir auf Grund der vorgenommenen Versuche das Charakteristische der Psyche des Schimpansen — kurz gefasst — folgendermassen definieren: ungeahnter Reichtum in potentia an Componenten für höhere Fähigkeiten und Beschränkheit in bezug auf deren aktuelle Ausbildung.

Wohl stehen dem Schimpansen zu Gebote alle wesentlichen Wahrnehmungen der äusseren Welt, als Material für geistige Verarbeitung — doch wird dies Material nur dürftig ausgenutzt. In Ermangelung äusserer Veranlassung zur Vervollkomnung seiner Unterscheidungsfähigkeiten, ohne innere Bedürfnisse dazu, ist der Schimpanse ohne weiteres dadurch verhindert, eine Steigerung seiner Erkenntnis zu bewirken.

Allerdings zeigt der Schimpanse Fähigkeit für Ausbilden von Vorstellungen, doch verweilen letztere in dem Gedächtnis des Tieres nur wenige Sekunden (etwa 15 Sek). Angezogen durch fortwährend neue und stets wieder neue Wahrnehmungen der Aussen-welt, psychisch vergehend in der Gegenwart, hat der Schimpanse weder Lust, noch Zeit, noch Fähigkeit dem Andenken an schon Vergangenes sich zu ergeben.

Zwar vermag der Affe typische, allgemeine Vorstellungen aufzuweisen, doch kostet es ihm grosse Mühe eine Abstraktion bestimmter, wesentlicher Charaktere von konkreten Dingen zu vollziehen, denn er fasst die Dinge auf samt allen ihnen eigenen kleinlichen, unwesentlichen individuellen Zügen und erweist sich unbefähigt, selbständig das Wesentliche, das Charakteristische der Merkmale herauszusondern.

Was der Affe leistet, ist ein praktisches Verallgemeinern, als Ergebnis ganz konkret gestellter, vom Versuchsteller bewusst geleiteter Versuche, die durch das Hervortun der wesentlichen, wechselseitigen Beziehungen bestimmt gegebenen Objekte, eo ipso, den Schimpansen zu bestimmten, praktisch materiellen, nur auf sinnlichen Erkenntnissen begründeten Schlussführungen führen, resp. drängen. Die jeweiligen vereinzelten Charakterfälle, die das Wesentliche der Beziehungen der Dinge zu einander aufdecken, sie werden vom Schimpansen selber nicht bemerkt, nicht zeitig in Betracht gezogen, nicht verwendet als Prämissen für das Ziehen notwendiger Schlüsse. Der Schimpanse ist gezwungen, eine Unmenge von Zeit und Kräften zu verbrauchen, viele zutreffende Proben auszuführen und noch weitmehr missglückende Versuche, um zuletzt den für das Leben praktisch notwendigen Schluss zu ziehen. Sein Betragen zeigt (sofern es sich in den geschilderten Versuchen äussert) weniger das Element des Voraus-Sehens [222] im Sinne eines wenn auch noch so primitiven Vоr- Erwägens oder Vоr-Bedachtes des gesuchten Resultates, als vielmehr das Element eines gewissen (sit venia verbo!) Nach-Einsehens, eines Nасh-Erwägens, eines Nасh-Вedасhtes.

Wie dem auch sei — bezüglich des verwickelten und schwierigen Problems der Psyche des Schimpansen, dieses, in so mancher Hinsicht uns zunächst stehenden Anthropoids, ist ja offenbar das letzte Wort bei weitem nicht gefällt, und muss ein solches zukünftigen Forschern u. zwar Vertretern zweier Wissenschaften: der Psychologie der Tiere und der Psychologie des Kindes überlassen werden. Dem vereinten Fortschritte dieser beiden Forschungszweige mag es vorbehalten werden, zu entscheiden, ob die zwischen höchster Tier-und primitivster Menschenseele für uns heute nicht zu leugnende Verschiedenheit auf einer zeitweiligen Lücke unserer Kenntnisse beruht oder als weitgähnende Kluft sich nimmer überbrücken lässt...



[214] Diese Abschätzung post factum begünstigte auch das klare Herausfinden der zu begehenden Fehler, wobei die Letzteren, von dem Versuchssteiler nicht unterbrochen,, sondern in Betracht gezogen, nicht selten dazu beitrugen, event. dem Schimpansen sich darbietende Schwierigkeiten aufzudecken u. zu Mären, sie durch entsprechende Modifikation der Fragestellung wegzuräumen, geschweige denn, dass bloss bei dergleichen Kontrolle es ermöglicht wird, den wahren psychologischen Hintergrund der Leistungen des Tieres zu durchschauen.

[215] Es wäre hier am Ort, eine Erklärung einzufügen bezüglich des an der Mehrzahl beiliegender Tafeln leicht ersichtlichen Kontaktes zwischen dem Versuchsstellcr u. dem Schimpansen (s. Abbildung C.10, „Der Schimpanse bei der Arbeit mit chromatischen Farben nach der Methode Wahl nach Muster.“, Abbildung C.11, „Der Schimpanse beim Operieren mit chromatischen Farben nach der Methode. Wahl nach Muster.“, Abbildung C.13, „Kompliziertes Identifizieren von Objeckten seitens des Schimpansen.“).

Dieses, dem obigen direkt wiedersprechende Halten des Schimpansen bei der Hand wurde nur für die Dauer der photographischen Aufnahmen praktiziert u. zw. ausschliesslich im Interesse einer grösseren Deutlichkeit der zu erzielenden Photographien. Bedingt durch ein rein äusseres Moment — die speziellen Licht- und Raumverhältnisse, konnte die Aufnahme des Schimpansen bei der Arbeit im Laboratorium-Milieu nicht anders vorgenommen werden, als durch das Aufstellen der Camera rechts von dem Tiere. Indessen, bei dem stetigen Arbeiten des Affen mit der rechten Hand (welches Verfahren er sich selber angeeignet hat) würde die Letztere dank ihrer breiten Rückfläche die teilweise recht winzigen zwischen den Fingern des Schimpansen und auf dem Laboratoriums-tische befindlichen Objekte vom Standpunkte des Apparates u. Beschauers vollkommen verdecken. Bloss durch Halten des Affen an der rechten Hand und das hierdurch bedingte Nötigen desselben, mit der linken Hand zu operieren, — war die Möglichkeit gegeben, den Moment des Wählens auf die Platte zu bringen, das zwischen den Fingern des Schimpansen befindliche und von ihm dargebotene Objekt zu zeigen, so wie den Vergleich des Letzteren mit dem vom Versuchssteller gezeigten und als Muster dienenden Objekte zu erleichtern.

[216] In den Kontrollversuchen von Prof. Rossolimo wurden ganz abweichende, völlig neue, zuvor vom Tiere nie gesehene Objekte vorgezeigt, ohne dass die Richtigkeit der Antworten dadurch beeinträchtigt wurde.

[217] Die Richtigkeit der Lösungen litt nicht im geringsten auch in jenen Fällen, wo eine Reihe von Experten, die dem Experimentieren beiwohnten (die Professoren D. Anutschin, L. Lopatin, Minakoff, Netschajeff, Ogneff, Rossolimo, Sewertzoff, Tschelpanoff, Späth), die Rolle der Versuchssteller persönlich übernahmen und dorn Tiere neue, speziell erdachte Forderungen stellten, öfters unter Aenderung der ursprünglichen Versuchskonstellation. Vrgl. die Protokoll der Versuchs- demonstrationen.

[218] Vrgl. die Protokolle der Demonstrations-Experimente.

[219] Vrgl. Die betreffenden Protokolle.

[220] Die in Klammern beigefügten Ziffern beziehen sich auf die am Schlusse des Bandes beigegebenen Farbentafeln № I.

[221] Nur auf ganz bestimmte, dem Schimpansen mehr zusagende Farben sich beschränkendes.

[222] Resp. Einsicht im Sinne von Prof. W. Köhler (1917).